Teil 3 der Themen ist vielleicht der zunächst am sonderbarsten erscheinende Begriff. Der Baum als “Trendphänomen”, gab es das nicht bereits in Zeiten der Umweltbewegung der 80er? Revival des Waldes als Indikator für die Umweltzerstörung? Nicht so ganz, natürlich lässt sich das Interesse an “Bäumen” nicht ganz unabhängig von einer gewissen Sensibilisierung der Menschen für Naturschutzaspekte erklären. Aber ich nenne hier “Baum” auch nur stellvertretend für den Aspekt der Ökologie, der bisher wenig Beachtung fand, wenig erforscht und dessen Nutzen erst jetzt zur Anwendung kommt. Gesundheit ist dabei ein zentrales Moment, aber vielleicht noch wichtiger läutet das Thema einen Perspektivwechsel im doch immer noch vorherrschenden antrhoprozentrischen Verständnis ein.

“Das Geheime Leben der Bäume” von Peter Wohlleben ist seit Monaten in jeder gut und weniger gut sortierten Buchhandlung zu finden. Und der Untertitel verrät bereits den Reiz, den das Buch zum Bestseller werden ließ: “Was sie fühlen, wie sie kommunizieren – die Entdeckung einer verborgenen Welt.” Man kann dem Autor damit eine Vermenschlichung der Natur vorwerfen, doch erreicht er mit diesen Bildern genau jenes Verständnis bei den Lesern, das eben diese Begeisterung ausmacht. Die bisher stummen Zeitgenossen, die vor einigen Jahrzehnten noch Totgesagte waren, werden lebendiger denn je, weisen Fähigkeiten auf, die uns vor Erstaunen ein Schaudern über den Rücken laufen lassen.

Megatrend Gesundheit und der Baum

Schon findet der Baum als neues Wellness-Objekt begeisterte Anhänger, die sich dem “Shinrin Yoku” hingeben, dem Waldbaden. Das neue “Walden” mag ein wenig albern klingen, hat aber durchaus theapeutische Effekte, die in Japan  wissenschaftlich nachgewiesen wurden (hier und hier). Auch in Europa werden immer wieder Studien publiziert, welche den gesundheitlichen oder sogar medizinischen Nutzen der Natur belegen (z.b. hier, hier und hier). Weitere Bücher mit mehr oder weniger natur- und volksheilkundlichen, wenn nicht sogar esoterischen Kontexten fluten die Bücherlisten: “Bäume helfen heilen. Wie Sie mit Bäumen Kontakt aufnehmen und ihre natürlichen Energien nutzen“, “Der Biophilia-Effekt – Heilung aus dem Wald” oder auch “Die Heilkraft der Bäume: Rezepte & Rituale für Geist und Körper“.

Natur als Partner

Zwischen Esoterik und harter Naturwissenschaft mögen emotionale Gräben unterschiedlicher Weltbilder verlaufen, zusammenfassen lässt sich jedoch, dass ein zunehmendes Interesse am gesundheitlichen Nutzen von Bäumen, Pflanzen und Natur besteht. Ein Interesse, das vor allem aus einem neuen Respekt vor der Natur entsteht, die nicht länger musealen Charakter hat, noch Konsumort ist, sondern selbstverständlicher Partner wird. Und genau jene Partnerschaft, die nicht länger auf einem Allmachtsanspruch des Menschen basiert, kann für den Wandeln in Zukunft sorgen, der aus Perspektive grundlegender Herausforderungen der Welt notwendig erscheint. Und von immer mehr Denkern ins Gespräch gebracht wird.

Etwa durch den Philosophen Richard David Precht mit seinem Werk “Tiere denken“, in dem er den Leser auf eine Reise quer durch die Geistes- und Naturwissenschaften mitnimmt, um – ja eben – Tiere neu zu denken (inklusive unserer Spezies).

Rückendeckung bekommen die Thesen und Entwicklungen auch durch Hubert Dreyfus und Charles Tayler. Die beiden Autoren entzauber in “Die Wiedergewinnung des Realismus” jeden konstruktivistischen Ansatz und erklären, warum es kein “Innen” und “Außen”, keinen Unterschied zwischen “Denken” und “Körper” gibt und somit auch nicht zwischen “mir” und dem “anderen”. In seiner Rezension des Buches für den Deutschlandfunk schließt Leander Scholz: “Auch wenn die beiden Autoren diesen Schluss selbst nicht ziehen, lässt sich vielleicht sagen, dass es sich bei ihrem programmatischen Versuch einer Wiedergewin­nung des Realismus tatsäch­­lich um nichts Geringeres handelt als um die Ausformulierung eines ökologischen Denkens, das nicht mehr die Individuen, sondern die Beziehungen ins Zentrum stellt.”